Haushaltsrede 2023

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Bürger*innen der Stadt Hörstel!

Erneut sind wir hier zusammengekommen, um das vergangene Jahr politisch zu bewerten und unsere Schlüsse für das kommende Jahr sowie für den Zeitraum des Finanzplans bis 2026 zu beschreiben.

Das vergangene Jahr hatte unzweifelhaft einige Besonderheiten, dennoch wurden einige Entscheidungen getroffen, die unsere Stadt nach vorne bringen. Nicht alles wurde einfach so umgesetzt, wie zum Beispiel die Hängebrücke über den Mittellandkanal, dennoch wurde diese Diskussion genutzt, um mit Einwohner*innen zu ergründen, wie sich Hörstel auch touristisch weiterentwickeln muss. Vor allem von außerhalb der Stadtgrenzen ist es wichtig als die lebenswerte Stadt wahrgenommen zu werden, die wir darstellen, damit auch junge Menschen, Arbeitnehmer*innen und Familien Hörstel als zukünftigen Mittelpunkt ihres Lebens in Betracht ziehen. Dies ist einer der wesentlichen Punkte, um mit dem immer gravierender werdenden Fachkräftemangel umzugehen.

Gleichwohl dieses Jahr ist nicht ganz so gelaufen wie die letzten Jahre und Jahrzehnte. Die Herausforderungen sind deutlich anderer Natur und deren Ursachen sind nicht aus unserem Umfeld entsprungen. Putin hat einen Angriffskrieg vom Zaun gebrochen und bedroht damit auch mittelbar die NATO, die Europäische Union und nicht zuletzt Deutschland – folglich unseren Wohlstand. Wir haben alle in diesem Jahr viel von Zeitenwenden, „Doppelwumsen“ oder ähnlichem gehört, wie immer in solchen Lagen neue Experten kennen gelernt und dennoch ist die mit einem Krieg einhergehende Bedrohung, der Wohlstandsverlust oder gar Existenzangst noch nicht bei uns richtig angekommen. Dieses Gefühl von Sicherheit und normalem Leben beruht vor allem auf dem unermüdlichen Engagement von Freiwilligen, Ehrenamtlichen und Vereinen in unserer schönen Stadt.

Dennoch sind die ersten realen Einschnitte spürbar. Unser Kämmerer und sein Team haben in diesem Entwurf auch deutlich die Risiken aufgezeigt, die auf die Stadt Hörstel zukommen. Dabei ist die nach wie vor sachliche und professionelle Art und der ein oder andere Perspektivwechsel durchaus wohltuend. Unter anderem lässt der herrschende Energiekrieg die Preise für uns alle spürbar nach oben steigen. Das hat nicht allein Auswirkungen auf die Gas- und Stromrechnung, sondern auch auf Lebensmittel, Erzeugerpreise, Baukosten und vieles mehr.

Die Zahl der vor Krieg, Hunger und Kälte fliehenden Menschen, die bei uns ankommen, steigt. Wir müssen uns darauf einstellen, dass wir in den nächsten Jahren in dieser Hinsicht keine nachhaltige Veränderung zum Guten erwarten können. Nach der Krise ist vor der Krise, wie die Vergangenheit gezeigt hat. Doch müssen wir jetzt nicht in Angst und Sorge verharren. Mit einer vorausschauenden Finanzplanung und im Dialog mit Mitbürger*innen, Unternehmen und Vereinen werden wir unsere Handlungsfreiheit erhalten. In Hörstel sind wir in der glücklichen Lage, dass wir die spürbaren Auswirkungen so gering wie möglich halten können, wenn, ja wenn wir konsequent handeln.

Konkret bedeutet dies für die Finanzlage unserer Stadt, dass die Einnahmen der Stadt Hörstel langsamer steigen als die Inflationsrate. Das heißt nichts anderes als ein Realeinkommensverlust der Stadt für die nächsten Jahre, der nicht von alleine kompensiert wird! Gleichzeitig darf es nicht sein, dass die Herausforderungen von Heute erst in der Zukunft bezahlt werden.

Der vorliegende Finanzplan weist ein Defizit aus, von denem per Gesetz 1,7Mio € isoliert werden müssen, damit es für die Kommunen besser aussieht. Unserem Defizit ist das allerdings egal, denn irgendwann wird irgendwer diese Kredite begleichen müssen. Diese Anstrengung soll leider doch wieder zukünftigen Generationen überlassen werden, so zumindest die Vorschrift der Landesregierung. Das ist unfair und wir alle sollten verstanden haben, dass dies nicht der richtige Weg sein kann – egal ob Klima, Umwelt oder Finanzen.

2023 müssen wir im Rat als politisches Gremium der Stadt Hörstel also ergründen, was konsequentes Handeln heißt und was in Bezug auf geringe Belastungen zukünftiger Haushalte getan werden kann. Vor allem werden wir entscheiden, ob der vorliegende Haushaltsentwurf der aktuellen Finanzlage sowie den zu erwartenden Herausforderungen ausreichend Rechnung trägt. So wurde auf der Einnahmenseite im letzten Jahr beschlossen, die Hebesätze anzuheben und dadurch die Steuerzahler und Gewerbetreibende höher zu belasten.

Auf der Ausgabenseite müssen in gleichem Maße schwierige Entscheidungen getroffen werden, die keinem von ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, leichtfallen, aber aufgrund der eben beschriebenen Situation nötig und fair sind. Unsere kurzfristigen Stellschrauben sind in erster Linie der vorgeschlagene Stellenplan und Investitionen in Projekte, die nicht direkt den Pflicht- und Kernaufgaben der Stadt zuzuordnen sind. Ohne Änderung werden die fehlenden Finanzmittel in Form von weiteren kurz- oder langfristigen Krediten gedeckt. Folglich würden diese Summen als Schuldenberg aufgehäuft. Die Liquidität der Stadt wird gefährdet.

Einsparungen sollen zielgerichtet sein und Ausgaben für Produkte, die nicht zu den Primäraufgaben unserer Kommune gehören, müssen reduziert werden. Zusätzlich sollten meiner Auffassung nach keine Abstriche bei Bildung, Schulausstattung, KiTa, Elternbeiträge und Digitalisierung gemacht werden. Auf diese Weise kann der Rat der Stadt Hörstel die politischen Weichen unserer Finanzpolitik für nächsten Jahre stellen und den Risiken, die heute noch nicht umfassend absehbar sind, im Sinne aller Bürger*innen und Steuerzahlenden proaktiv begegnen. Einen entsprechenden Antrag hat die FDP Hörstel zum Haushalt gestellt und einen Vorschlag erarbeitet, den es zu diskutieren gilt.

Die grundlegende Frage bei den Änderungen für den diesjährigen Haushalt ist, ob ein Festhalten an der bisherigen zeitlichen Abfolge ratsam ist oder ob es sinnvoll ist, manche Projekte erst in den kommenden Jahren umzusetzen. Damit erhalten wir auch gleichzeitig die Möglichkeit, dauerhafte Belastungen und Aufgaben der Verwaltung einschließlich Bauhof auf Relevanz zu prüfen – nicht alles, was hier getan wird, ist zwingend notwendig und manches nur in städtischer Hand, weil es immer schon so gemacht wurde. Vermeintliche Steuergeschenke der Vergangenheit erscheinen heute nicht mehr ganz so sinnvoll wie einst.

Dazu sollten wir das nächste Jahr nutzen und nicht erst mit dem nächsten Haushaltsentwurf in das Thema einsteigen. Insgesamt bin ich allerdings sehr zuversichtlich, dass wir im Rat sachlich fundierte Maßnahmen ergreifen und dabei auch die Ideen der Verwaltung, von Vereinen, Eltern und anderen engagierten Einwohner*innen der Stadt Hörstel einholen und berücksichtigen.

Mit rationalen politischen Entscheidungen kann die jährliche Belastung des Haushalts reduziert werden, mit dem Ziel die Aufnahme von Liquiditätskrediten zu vermeiden. Gleichwohl ist zu beachten, dass es bei großen Projekten, wie z.B. Sanierung von Schulen in keiner Weise ratsam ist, nur auf den Zeitraum des Haushaltsplans zu schauen, sondern wir müssen vielmehr die Prognosen beachten und eine ganzheitliche Kosten- Nutzen-Analyse aufstellen, die die nächsten Jahrzehnte in den Blick nimmt, soweit es heute möglich ist.

Beispiel:    in diesem Jahr wurden weitere Räume für die Verwaltung angemietet, weil nicht ausreichende Alternativen verfügbar sind. Damit haben wir in Riesenbeck noch einen zusätzlichen Standort. Wenn man die nächsten 50 Jahre als Nutzungszeitraum zugrunde legt, kann man zu keinem anderen Schluss kommen, als dass das neue Verwaltungsgebäude nicht nur statisch für drei Geschossen ausgelegt wird, sondern zwingend das dritte Geschoss realisiert werden muss. Nur so können kostspielige Sanierungen alter Gebäude vermieden werden und die Verwaltung langfristig an ein bis zwei Standorten bleiben. Vor etwas mehr als einem Jahr wurde dies schon von UWG und FDP beantragt.

Diesbezüglich scheint es mittlerweile ein Umdenken in den Fraktionen zu geben. Wenn ich sehe, dass zum Beispiel mein Vorschlag von vor zwei Jahren aufgegriffen wird und eine hybride Lösung für Ratssitzungen beantragt wird, ist das zu begrüßen. Einen überdimensionierten Ratssaal bräuchten wir in Hörstel dann wohl nicht mehr. Dann reichen die digital sinnvoll ausgestatteten Besprechungsräume, die in der Planung schon vorhanden sind. Auf diesem Weg werden mittel- und langfristig Kosten gesenkt.

Die gleiche Flexibilität und Anpassung der Projekte an aktuelle Veränderungen gilt es auch für die Sanierung der Grundschulen, bei der Umsetzung unseres Tourismuskonzepts, der Entwicklung des ehemaligen Flugplatz Dreierwalde, der neuen Klimasiedlung oder bei der Einsparung von Gas und Strom beizubehalten.

Wesentlich bei allem Handeln ist es, die nötige Transparenz erkennbar für alle Bürger*innen, Vereine und das Ehrenamt frühzeitig sicherzustellen. Nur so können wir auf eine breite Unterstützung hoffen. Die Diskussionen und Gespräche mit Vereinen zum warmen Duschen haben eindeutig gezeigt, wie es gehen kann

Solange wir das beherzigen, können wir als das politische Gremium der Stadt unsere Richtlinienkompetenz nutzen, um die Prioritäten festzulegen und unsere lebenswerte Stadt auch in Zeiten nicht mehr so üppiger Einnahmen zukunftsfähig gestalten und gleichzeitig eine ausgewogene und faire Linie zeigen.

Gestalten, im Gegensatz zu verwalten, ist die Kernaufgabe der Politik und muss im allgemeinen Interesse sein.

Ich möchte mich beim Bürgermeister, den Mitarbeiter*innen der Verwaltung und bei den städtischen Betrieben für die geleistete Arbeit bedanken.

Gemeinsam mit den Ratskollegen*innen und Sachkundigen Bürgern*innen freue ich mich auf eine sachliche und zielgerichtete Debatte der einzelnen Anträge zum Haushalt, in der Chancen genutzt und die Entwicklung der Stadt positiv gestaltet werden kann.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Thomas Scherer

FDP Ratsmitglied der Stadt Hörstel